Wir stellen in der Firma derzeit Teile unserer alten
Software auf eine hippe und coole Rails-Anwendung um. Solange unsere Anwendung nicht fertig ist, muß die alte und die neue Software parallel laufen und auf die gleichen Daten zugreifen können. Da wird die alte Software nicht ändern können und wollen, muß sich Rails entsprechend anpassen. Wir sind ja agil, oder? Ich hätte natürlich die Tabellen gerne möglichst Rails-konform, doch die alten Daten strotzen nur so vor Altlasten: unverständliche oder irreführende mixed-case Namen. Kombiniert man das mit PostgreSQL, hat man ein Problem, da der PostgreSQL-Adapter in Rails die Namen nicht quotet, was PostgreSQL dazu veranlaßt, alle Namen in Kleinbuchstaben zu verwandeln.
Meine Lösung dieses Problems verwendet einige relativ selten genutzte Features von PostgreSQL (andere DBMSse werden vermutlich entsprechende Äquivalente dazu haben). Schemas, Views und Rules. Anfangs wollte ich mit einer sauberen leeren Datenbank anfangen und dann mit Rails Migrations meine Tabellen anlegen. Dies hätte jedoch den Zugriff auf die vorhandenen Tabellen jedoch erheblich erschwert. Ich konnte jedoch auch nicht einfach meine Tabellen in die vorhandene Datenbank reinwerfen, da Rails dann über diese alten Tabellen stolperte und nach entsprechenden Modellen suchte. Die Lösung waren Schemas. Standardmäßig legt PostgreSQL alle Tabellen in einem Schema namens public
. Ich legte für meine Anwendung einfach ein eigenes Schema an und wies den Rails DB-User an, standardmäßig in diesem Schema zu suchen.
CREATE ROLE myrailsuser WITH LOGIN PASSWORD 'myrailspass';
AUTHORIZATION myrailsuser;
ALTER ROLE myrailsuser SET search_path TO myschema,public;
Um sicherzugehen, daß auch Rails immer schön brav in diesem Schema arbeitet und nicht über die durchgezogene weiße Linie fährt, habe ich in der environment.rb
folgendes Angegeben:
config.active_record.table_name_prefix = "myschema."
Jetzt konnte ich wie gewohnt mit Migrations in Rails arbeiten und mich vorerst nicht weiter um die alten Tabellen kümmern.
Irgendwann kam es jedoch, wie es kommen mußte, ich mußte auf Daten aus einer der alten Tabellen zugreifen. In meinem Fall waren es die Benutzer, die ich benötigte, um ein Login zu bauen. Die für mich relevanten Felder in der alten Tabelle sehen so aus: (ich habe knapp ein Dutzend uninteressanter Felder hier weggelassen)
Table "public.TBLMitarbeiterSTM" Column | Type | Modifiers ----------------+-----------------------------+-------------------- Personalnummer | integer | not null default 0 Vorname | character varying(50) | Name | character varying(50) | E-Mail | character varying(50) | Passwort | character varying(10) | Loginname | character varying(20) | Level | integer | inaktiv | boolean |
So wird Rails damit nichts anfangen können. Die Lösung ist ein View:
CREATE OR REPLACE VIEW myschema.users AS
SELECT "TBLMitarbeiterSTM"."Personalnummer" AS id,
"TBLMitarbeiterSTM"."Vorname" AS first_name,
"TBLMitarbeiterSTM"."Name" AS last_name,
"TBLMitarbeiterSTM"."E-Mail" AS email,
"TBLMitarbeiterSTM"."Loginname" AS login,
"TBLMitarbeiterSTM"."Passwort" AS password,
"TBLMitarbeiterSTM"."Level" AS level
FROM public."TBLMitarbeiterSTM"
WHERE NOT "TBLMitarbeiterSTM".inaktiv OR "TBLMitarbeiterSTM".inaktiv IS NULL;
SELECT ON myschema.users TO myrailsuser;
Damit ist Rails glücklich und akzeptiert den View als Grundlage für ein Modell. Das Modell muß natürlich von Hand angelegt werden und nicht über das generate-Skript:
end
Das war’s auch schon. Das Modell kann nun auf die Daten zugreifen, als wäre es eine ganz normale Tabelle.
Gerade als ich mir das wohlverdiente Guinness zum vorgezogenen Feierabend holen wollte, kam mir die Idee, daß es doch ganz toll wäre, könnte das Modell auch die Daten ändern und neue Daten hinzufügen. Dies ist mir auch fast gelungen.
Ein View ist eine Einbahnstraße. Ich kann daraus nur lesen. Glücklicherweise kann man hier mit Rules ein wenig tricksen. Eine Rule kann eine Operation auf eine Tabelle oder View abfangen und stattdessen etwas ganz anderes tun. Ich habe meine Rules angewiesen, Schreiboperationen auf den View abzufangen und stattdessen auf die richtige Tabelle zu schreiben.
ON myschema.users;
AS ON UPDATE TO myschema.users
DO INSTEAD
UPDATE public."TBLMitarbeiterSTM"
SET "Vorname" = NEW.first_name,
"Name" = NEW.last_name,
"E-Mail" = NEW.email,
"Loginname" = NEW.login,
"Passwort" = NEW.password,
"Level" = NEW.level
WHERE "Personalnummer" = OLD.id;
IF EXISTS users_ins ON myschema.users;
AS ON INSERT TO myschema.users
DO INSTEAD
INSERT INTO public."TBLMitarbeiterSTM" (
"Personalnummer", "Vorname", "Name",
"E-Mail", "Loginname","Passwort", "Level"
) VALUES (
(SELECT MAX("Personalnummer")+1
FROM public."TBLMitarbeiterSTM"),
NEW.first_name, NEW.last_name,
NEW.email, NEW.login, NEW.password, NEW.level
);
IF EXISTS users_del ON myschema.users;
AS ON DELETE TO myschema.users
DO INSTEAD
UPDATE public."TBLMitarbeiterSTM"
SET inaktiv = true
WHERE "Personalnummer" = OLD.id;
INSERT, UPDATE, DELETE ON myschema.users TO myrailsuser; IF EXISTS users_upd
Zwei Besonderheiten wäre hier zu erwähnen. Beim Delete lösche ich nicht wirklich den Benutzer. Ich markiere ihn einfach nur als inaktiv und da der View solche Benutzer ausschließt, sieht es so aus, als wäre der Benutzer gelöscht worden. Und da die ursprüngliche Tabelle über keine Sequenz verfügt, um die IDs automatisch zu verteilen, habe ich mir mir einer Art Sequenz für Arme beholfen.
Ein paar Tests von der psql-Kommandozeile zeigten Erfolg. Die Regeln fangen die Zugriffe ab und leiten diese auf die ursprüngliche Tabelle um. Es stellte sich jedoch heraus, daß Rails trotz dieser Regeln kein Insert durchführen kann, da es die Existenz einer Sequenz voraussetzt, die ich in diesem Fall gar nicht habe. Da die ursprüngliche Tabelle auch über keine Sequenz verfügte. Leider ist mir dazu bislang keine Lösung eingefallen. Aber ich hoffe hier auf die Hilfe des Lazyweb.